IT-Projektgutachten

Technische Analyse, organisatorische Bewertung und Nachvollziehbarkeit komplexer IT-Projekte.

Technische und organisatorische Bewertung von IT-Projekten

IT-Projekte stellen hohe Anforderungen an Planung, Kommunikation und technische Umsetzung. Kommt es zu Verzögerungen, Qualitätsmängeln oder Konflikten, schafft ein neutrales IT-Projektgutachten Transparenz über Ursachen, Verantwortlichkeiten und die Einhaltung vertraglicher sowie technischer Vorgaben. Als unabhängiger IT-Sachverständiger untersuche ich Projekte auf Basis objektiver, methodisch fundierter Kriterien.

Typische Fragestellungen

Methodischer Ansatz

Die Analyse kombiniert technische, organisatorische und prozessuale Prüfungen. Bewertet werden Projektdokumentation, Code-Stände, Kommunikationsverläufe, Change-Management-Prozesse und Testberichte. Ziel ist eine sachlich fundierte und nachvollziehbare Darstellung der Projektsituation auf Grundlage technischer Evidenz.

Der Schwerpunkt liegt auf Nachvollziehbarkeit: Planung, Implementierung, Test- und Abnahmephasen werden systematisch geprüft, um Abweichungen, Risiken und Verantwortlichkeiten klar zu identifizieren.

Bewertungsschwerpunkte

Einsatzbereiche

IT-Projektgutachten werden häufig bei Konflikten zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, zur Klärung technischer Sachverhalte oder zur Vorbereitung rechtlicher Schritte eingesetzt. Sie dienen zudem als Grundlage für Audits und Projektneubewertungen.

Fallstudie: Methodischer Ablauf eines IT-Projektgutachtens

Analyse, Bewertung und Nachvollziehbarkeit komplexer IT-Projekte nach dem Problemlösungszyklus von Nicolai Andler

1. Diagnose – Projektlage und Ursachenanalyse

Ausgangspunkt ist die Untersuchung der Projektlage: Zeitpläne, Pflichtenhefte, Änderungsprotokolle, Kommunikationsverläufe und technische Umsetzungsstände werden analysiert. Ziel ist es, Verzögerungen, Fehlentwicklungen oder Missverständnisse im Projektverlauf nachzuvollziehen und die zugrunde liegenden Ursachen transparent zu machen. Dabei wird klar zwischen technischen, organisatorischen und kommunikativen Faktoren unterschieden.

2. Zielformulierung – Bewertungsrahmen und Prüfkriterien festlegen

Nach der Diagnosephase werden die konkreten Untersuchungsziele festgelegt: Soll geprüft werden, ob vertragliche Pflichten erfüllt wurden? Ob die Projektorganisation angemessen war? Oder ob technische Entscheidungen nachvollziehbar begründet wurden? Diese Zieldefinition ist entscheidend, um die Bewertung sachlich, nachvollziehbar und gerichtsfest aufzubauen.

3. Analyse – Technische und organisatorische Bewertung

In dieser Phase werden Projektdokumente, Code-Stände und Kommunikationsprotokolle ausgewertet. Es erfolgt eine Bewertung der Architekturentscheidungen, Testabdeckung, Änderungsprozesse und Entscheidungsstrukturen. Ergänzend werden organisatorische Aspekte – etwa Rollenverteilung, Eskalationswege und Kommunikationskultur – auf ihre Wirksamkeit und Angemessenheit geprüft. Ziel ist eine interdisziplinäre, evidenzbasierte Analyse der Projektrealität.

4. Entscheidungsfindung – Befunde und Handlungsempfehlungen

Die gesammelten Befunde werden in einem strukturierten Gutachtenbericht zusammengeführt. Er enthält:
  • eine sachlich begründete Bewertung der Projektleistung,
  • die Identifikation wesentlicher Abweichungen zwischen Soll und Ist,
  • eine Ursachenanalyse technischer und organisatorischer Mängel,
  • und konkrete Empfehlungen zur Behebung oder Prävention zukünftiger Risiken.
Das Ergebnis bildet eine neutrale Entscheidungs- und Beurteilungsgrundlage – für Auftraggeber, Gerichte oder Projektverantwortliche gleichermaßen.
Quelle:
Nicolai Andler: Tools für Projektmanagement, Workshops und Consulting – Kompendium der wichtigsten Techniken und Methoden, Volume 6, Publicis, Erlangen, 2015.

Praxisnahe Fallstudien

Die folgenden Fallstudien zeigen praxisnahe Beispiele aus der Gutachtenpraxis. Sie verdeutlichen, wie ein IT-Sachverständiger typische technische und organisatorische Herausforderungen strukturiert analysiert, bewertet und nachvollziehbar dokumentiert.

Verzögerte Systemeinführung – Ursachenanalyse eines ERP-Projekts

Ein mittelständisches Industrieunternehmen musste die Einführung eines neuen ERP-Systems mehrfach verschieben. Der IT-Sachverständige wurde beauftragt, die Ursachen für die Verzögerungen sowie die Einhaltung von Pflichtenheft und Verträgen objektiv zu bewerten und eine sachlich fundierte Entscheidungsgrundlage für die weitere Projektfortführung zu schaffen.

Ausgangssituation

Das Unternehmen befand sich in einem unternehmensweiten Transformationsprozess. Ziel war die Einführung eines modernen ERP-Systems zur Vereinheitlichung von Produktions-, Logistik- und Vertriebsprozessen. Nach mehreren Terminverschiebungen und internen Eskalationen war die Projektatmosphäre stark belastet. Zwischen Auftraggeber, Implementierungspartner und Softwareanbieter bestand Uneinigkeit über Leistungsumfang, Verantwortlichkeiten und technische Ursachen der Verzögerungen. Interne Audits zeigten unvollständige Testprotokolle, mangelhafte Schnittstellendokumentationen und unklare Änderungsverfahren. Aufgrund der zunehmenden Unsicherheit wurde der IT-Sachverständige mit einer neutralen Projektdiagnose beauftragt.

Problemstellung

Der Auftraggeber verlangte eine unabhängige Untersuchung mit folgenden Kernfragen:

  • Waren die Projektverzögerungen technisch, organisatorisch oder vertraglich bedingt?
  • Wurden die im Pflichtenheft definierten Funktionen und Qualitätsmerkmale erfüllt?
  • Wurde die Projektkommunikation sachgerecht und dokumentationspflichtig geführt?
  • Welche Verantwortung trugen die beteiligten Parteien für Terminabweichungen und Fehlleistungen?
Das Ziel des Gutachtens bestand darin, auf Basis objektiver technischer und organisatorischer Evidenz eine nachvollziehbare Bewertung zu erstellen, die sowohl intern als auch gegenüber Dritten (z. B. in Schlichtungs- oder Rechtsverfahren) Bestand haben konnte.

Vorgehen des IT-Sachverständigen

Die Analyse folgte einem strukturierten, vierstufigen Vorgehensmodell, angelehnt an den Problemlösungszyklus nach Andler:

  • 1. Diagnose: Sichtung und Auswertung sämtlicher Projektdokumente (Pflichtenhefte, Meilensteinpläne, Änderungsprotokolle, Testberichte) sowie Versionshistorien der Softwarestände. Identifikation von Inkonsistenzen und fehlenden Nachweisen.
  • 2. Zielformulierung: Definition der konkreten Prüfziele und Bewertungskriterien, u. a. in Bezug auf Funktionsumfang, Testabdeckung und Kommunikationsstruktur.
  • 3. Analyse: Technische Untersuchung der Softwarekomponenten, Schnittstellen und Datenmigrationen. Parallel Bewertung der organisatorischen Abläufe (Projektsteuerung, Change-Management, Eskalationsverfahren). Nutzung von Audit-Interviews mit Schlüsselpersonen.
  • 4. Entscheidungsfindung: Zusammenführung der technischen und organisatorischen Befunde in einem Gutachtenbericht mit Priorisierung der Ursachen und Handlungsempfehlungen.
Der Sachverständige dokumentierte alle Prüfschritte methodisch nachvollziehbar, um Transparenz und Revisionssicherheit zu gewährleisten. Für die technische Bewertung kamen Metriken zur Projektperformance und Prozessreife (nach [NORM_PLATZHALTER]) zum Einsatz.

Analyseergebnisse

Die Analyse zeigte ein komplexes Zusammenspiel mehrerer Ursachen:

  • Technische Ursachen: Fehlende Schnittstellenabstimmung zwischen ERP-Kernmodul und Produktionssystem führte zu Instabilitäten. Datenmigrationen waren unvollständig dokumentiert, was zu Validierungsfehlern führte.
  • Organisatorische Ursachen: Unklare Rollenverteilung und fehlende Eskalationsmechanismen verzögerten Entscheidungen. Änderungsanträge wurden teilweise ohne technische Prüfung umgesetzt.
  • Kommunikative Ursachen: E-Mail-basierte Kommunikation ohne zentrale Ablage führte zu Informationsverlusten und widersprüchlichen Statusmeldungen.
Der Projektfortschritt entsprach nur teilweise dem vertraglich vereinbarten Leistungsumfang. Rund 30 % der im Pflichtenheft geforderten Funktionalitäten befanden sich noch in Test- oder Entwicklungsstatus. Der Dokumentationsstand der Abnahmeprüfungen war unzureichend, was eine objektive Bewertung des Fertigstellungsgrads erschwerte.

Erkenntnisse & Empfehlungen

Auf Basis der Analyse formulierte der IT-Sachverständige folgende Handlungsempfehlungen:

  • Einrichtung eines zentralen Change-Management-Tools mit verbindlichen Genehmigungs- und Dokumentationspflichten.
  • Einführung klar definierter Verantwortlichkeiten und Kommunikationsstrukturen innerhalb des Projektlenkungsausschusses.
  • Implementierung eines unabhängigen Qualitätsgates vor jedem Go-Live-Schritt mit dokumentierter Freigabe durch die Qualitätssicherung.
  • Erstellung einer konsolidierten Nachweisdokumentation (Test-, Abnahme- und Protokollübersicht) für alle Projektphasen.
  • Regelmäßige Fortschrittsaudits durch eine neutrale externe Instanz zur Überwachung der Einhaltung von Terminen, Qualität und Budget.
Durch diese Maßnahmen konnte das Projekt strukturiert fortgesetzt und innerhalb von sechs Monaten erfolgreich produktiv gesetzt werden. Der Gutachtenbericht diente anschließend als Referenz für die Anpassung des internen Projektmanagement-Frameworks.

Reflexion

Diese Fallstudie illustriert die Relevanz sachverständiger Projektdiagnostik für komplexe IT-Einführungen. Der IT-Sachverständige agiert dabei als methodisch neutrale Instanz, die technische Fakten, organisatorische Prozesse und Kommunikationsmuster integriert bewertet. Das Ergebnis ist eine nachvollziehbare, belastbare Entscheidungsgrundlage, die über rein technische Analysen hinausgeht und strategische Projektsteuerung ermöglicht.

Kommunikationsdefizite im Entwicklungsprojekt – Strukturierte Ursachenanalyse

Ein komplexes Entwicklungsprojekt zur Einführung einer webbasierten Kundenplattform geriet in erhebliche Verzögerung. Der IT-Sachverständige wurde beauftragt, die Qualität der Projektorganisation, die Wirksamkeit der Kommunikationsstrukturen sowie die Einhaltung anerkannter Projektmanagementstandards objektiv zu prüfen und nachvollziehbar zu dokumentieren.

Ausgangssituation

Das Projekt hatte die Entwicklung einer zentralen Kundenplattform zum Ziel, über die Serviceanfragen, Vertragsdaten und Produktinformationen digital verwaltet werden sollten. Beteiligt waren mehrere Subunternehmen sowie die interne IT-Abteilung des Auftraggebers. Nach einer zweijährigen Laufzeit zeigte sich, dass wesentliche Teilmodule nicht wie vorgesehen integriert werden konnten. Fehlende Abstimmungen führten zu Missverständnissen zwischen Entwicklung, Testmanagement und Fachabteilungen. Dokumentationen zu Freigaben, Änderungen und Tests lagen nur fragmentarisch vor. Nach mehrfachen Projektabbrüchen wurde der IT-Sachverständige zur strukturierten Ursachenanalyse beauftragt.

Problemstellung

Im Zentrum der Untersuchung standen folgende Fragen:

  • Entsprachen Projektorganisation, Entscheidungswege und Kommunikation den branchenüblichen Standards (z. B. PMI, IPMA, V-Modell XT)?
  • Wurden Änderungen, Freigaben und Abnahmen nachvollziehbar dokumentiert?
  • Welche Faktoren führten zu den Projektverzögerungen und in welchem Maße waren Auftraggeber und Auftragnehmer jeweils verantwortlich?
  • Waren Testverfahren, Qualitätsmanagement und Reporting angemessen etabliert?
Ziel war eine unabhängige, methodisch belastbare Bewertung, die sowohl technische als auch organisatorische Ursachen transparent macht und als Grundlage für eine spätere Streitbeilegung dienen konnte.

Vorgehen des IT-Sachverständigen

Der Sachverständige führte die Untersuchung in mehreren methodisch klar getrennten Phasen durch:

  • 1. Dokumentenanalyse: Sichtung der gesamten Projektdokumentation – Pflichtenhefte, Change Requests, Sitzungsprotokolle, E-Mail-Verläufe und Testberichte. Bewertung der Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen und Freigaben.
  • 2. Kommunikationsanalyse: Auswertung von Kommunikationsstrukturen zwischen Projektleitung, Teilprojektverantwortlichen und externen Dienstleistern. Prüfung der Informationsflüsse auf Konsistenz und Dokumentationslücken.
  • 3. Interviewphase: Gespräche mit Projektbeteiligten aus Entwicklung, Qualitätssicherung und Management zur Validierung der Dokumentenlage und zur Identifikation informeller Entscheidungswege.
  • 4. Benchmarking: Abgleich der Vorgehensweise mit anerkannten Projektmanagement-Standards (PMI, IPMA, Prince2) und branchenüblichen Rollenmodellen. Analyse der Übereinstimmung mit gängigen IT-Governance-Prinzipien (COBIT, [NORM_PLATZHALTER]).
Sämtliche Prüfschritte wurden in einem strukturierten Prüfprotokoll dokumentiert. Besondere Aufmerksamkeit galt der Trennung technischer Ursachen (fehlende Integrationsplanung, unklare Anforderungen) von organisatorischen Defiziten (fehlende Kommunikation, mangelhafte Steuerung).

Analyseergebnisse

Die Auswertung zeigte deutliche Defizite in der Projektsteuerung und Kommunikationsstruktur:

  • Projektorganisation: Es existierten keine klaren Eskalationswege. Rollen und Verantwortlichkeiten waren in mehreren Teilprojekten nicht eindeutig dokumentiert.
  • Kommunikationsdefizite: Statusberichte wurden unregelmäßig erstellt, Abstimmungstermine häufig ohne Ergebnisprotokoll beendet. Entscheidungen erfolgten vielfach informell.
  • Technische Auswirkungen: Aufgrund unklarer Anforderungen entstanden Widersprüche in den Schnittstellendefinitionen und eine erhöhte Fehlerquote in Testphasen.
  • Dokumentationslage: Freigaben, Testfälle und Änderungsanträge waren teilweise nur in E-Mail-Korrespondenz enthalten und nicht im zentralen Projektarchiv abgelegt.
Die Ursachen für die Verzögerungen waren somit überwiegend organisatorisch bedingt, wobei unzureichende Projektkommunikation und unstrukturierte Entscheidungswege als Hauptfaktoren identifiziert wurden.

Erkenntnisse & Empfehlungen

Der Gutachtenbericht enthielt konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Projektgovernance:

  • Einführung eines zentralen Projektinformationssystems zur verbindlichen Ablage aller Protokolle, Freigaben und Statusberichte.
  • Definition klarer Rollen- und Eskalationsstrukturen auf Basis eines RACI-Modells (Responsible, Accountable, Consulted, Informed).
  • Etablierung regelmäßiger Qualitäts- und Kommunikationsreviews unter Leitung einer neutralen Instanz.
  • Verpflichtende Dokumentation sämtlicher Projektentscheidungen mit digitaler Signatur und Zeitstempel.
  • Implementierung eines standardisierten Reporting-Formats für Fortschritts- und Risikoberichte.
Durch Umsetzung dieser Empfehlungen konnten spätere Folgeprojekte des Unternehmens erfolgreich stabilisiert werden. Das Gutachten diente zugleich als Grundlage für interne Schulungen und die Einführung eines verbesserten Projektmanagement-Frameworks.

Reflexion

Diese Fallstudie zeigt exemplarisch, dass technische Projektrisiken häufig ihre Wurzeln in unzureichender Kommunikation und fehlender organisatorischer Struktur haben. Der IT-Sachverständige leistet hierbei einen entscheidenden Beitrag, indem er Ursachen systematisch sichtbar macht, Kommunikationsmuster objektiv bewertet und damit die Grundlage für eine nachhaltige Professionalisierung des Projektmanagements schafft.

Unklare Leistungsabgrenzung – Bewertung eines gescheiterten Softwareprojekts

Ein IT-Projekt zur Entwicklung einer maßgeschneiderten Individualsoftware wurde nach anhaltenden Streitigkeiten über Leistungsumfang, Qualität und Verantwortlichkeiten abgebrochen. Der IT-Sachverständige wurde beauftragt, die technische Umsetzung, die Projektorganisation sowie die Einhaltung der vertraglichen Pflichten unabhängig zu bewerten und eine belastbare Entscheidungsgrundlage für die weitere rechtliche und wirtschaftliche Beurteilung zu schaffen.

Ausgangssituation

Das Projekt hatte zum Ziel, eine branchenspezifische Individualsoftware zur Abbildung komplexer Geschäftsprozesse zu entwickeln. Nach rund 18 Monaten Entwicklungszeit kam es zu erheblichen Differenzen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Der Auftraggeber bemängelte unvollständige Funktionen, instabile Systemteile und fehlende Dokumentation. Der Auftragnehmer hingegen machte geltend, die Anforderungen seien mehrfach geändert und der ursprünglich vereinbarte Funktionsumfang erheblich erweitert worden, ohne dass Anpassungen an Budget oder Zeitplan erfolgt seien. Aufgrund der eskalierten Situation wurde das Projekt beendet, und der IT-Sachverständige erhielt den Auftrag zur Erstellung eines neutralen technischen Gutachtens.

Problemstellung

Ziel der Begutachtung war die objektive Klärung folgender Fragen:

  • Entspricht die gelieferte Software den im Pflichtenheft definierten Funktionen und Qualitätskriterien?
  • Wurden Projektmanagement und Qualitätssicherung methodisch korrekt durchgeführt?
  • Welche Auswirkungen hatten nachträgliche Änderungsanforderungen auf Umfang, Qualität und Zeitplan?
  • Lassen sich die Ursachen für den Projektabbruch technisch, organisatorisch oder vertraglich zuordnen?
Das Gutachten sollte auf Basis technischer und dokumentarischer Evidenz nachvollziehbar und neutral die Sachlage bewerten – mit besonderem Fokus auf Nachvollziehbarkeit, Beweiswert und fachliche Objektivität.

Vorgehen des IT-Sachverständigen

Der Sachverständige gliederte die Untersuchung in fünf methodische Prüfabschnitte:

  • 1. Vertrags- und Dokumentenprüfung: Sichtung des Hauptvertrags, der Leistungsbeschreibungen, Pflichtenhefte, Änderungsdokumentationen sowie sämtlicher Kommunikations- und Abnahmeprotokolle. Ziel war die Identifikation verbindlicher Leistungsgrenzen und Nachweispflichten.
  • 2. Technische Analyse: Prüfung der Softwarearchitektur, Codebasis und Datenbankstruktur. Bewertung der Codequalität, Wartbarkeit und Konformität zu Entwicklungsstandards (Clean Code, SOLID, [NORM_PLATZHALTER]).
  • 3. Funktionsvergleich: Gegenüberstellung der implementierten Funktionen mit den spezifizierten Anforderungen. Überprüfung der Testabdeckung und Nachvollziehbarkeit von Abnahmeverfahren.
  • 4. Änderungsmanagement: Untersuchung der Change Requests hinsichtlich Ursprung, Genehmigung und Auswirkung auf Budget und Zeitplan.
  • 5. Bewertung & Dokumentation: Zusammenführung der Ergebnisse in einem nachvollziehbar gegliederten Gutachtenbericht nach sachverständigen Standards, einschließlich Abgrenzung von technischen, organisatorischen und vertraglichen Ursachen.
Zur strukturierten Bewertung der Softwarequalität kamen die Kriterien des V-Modell XT und der [NORM_PLATZHALTER] zum Einsatz.

Analyseergebnisse

Die Analyse ergab ein komplexes, aber klar erkennbares Ursachenbild:

  • Technische Befunde: Der Quellcode entsprach überwiegend soliden Entwicklungsstandards, wies jedoch signifikante Lücken in Dokumentation, Testabdeckung und Fehlerbehandlung auf. Mehrere Module wurden ohne vollständige Integrationstests ausgeliefert.
  • Anforderungsmanagement: Rund 25 % der im Pflichtenheft spezifizierten Funktionen waren zum Zeitpunkt des Abbruchs nicht vollständig umgesetzt. Die Änderungsanforderungen wurden zwar dokumentiert, aber nicht systematisch genehmigt oder priorisiert.
  • Organisatorische Befunde: Fehlende Lenkungsgremien und mangelnde Kommunikationsstrukturen führten dazu, dass zentrale Entscheidungen unkoordiniert getroffen wurden.
  • Verantwortlichkeitslage: Beide Parteien trugen zur Eskalation bei – der Auftragnehmer durch fehlende Nachweisführung und unzureichende Teststrategien, der Auftraggeber durch unklare Änderungsprozesse und unrealistische Erwartungshaltungen.
Der Projektabbruch resultierte somit aus einer Kombination technischer, organisatorischer und vertraglicher Mängel, wobei kein eindeutiges Verschulden einer einzelnen Partei festgestellt werden konnte.

Erkenntnisse & Empfehlungen

Das Gutachten schloss mit klaren Handlungsempfehlungen für zukünftige Projekte:

  • Einführung eines verbindlichen Anforderungs- und Änderungsmanagements mit dokumentierter Genehmigungskette.
  • Vertragliche Definition von Qualitätssicherungsmaßnahmen, Abnahmeprozessen und Testpflichten bereits zu Projektbeginn.
  • Verwendung einer Versions- und Revisionshistorie für sämtliche Dokumente und Quellcode-Änderungen.
  • Etablierung einer unabhängigen Projektsteuerung (Project Office) zur übergreifenden Kontrolle von Zeit, Kosten und Qualität.
  • Regelmäßige Zwischenabnahmen mit nachvollziehbarer Prüfdokumentation.
Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen kann in vergleichbaren Projekten eine klare Leistungsabgrenzung und höhere Transparenz in der Nachweisführung erreicht werden. Das Gutachten diente in diesem Fall als objektive Grundlage für eine außergerichtliche Einigung.

Reflexion

Diese Fallstudie zeigt beispielhaft, wie sachverständige IT-Gutachten helfen, Konflikte über Leistungsumfang, Verantwortlichkeiten und Qualität zu strukturieren. Der IT-Sachverständige schafft durch technische Analyse, methodische Nachvollziehbarkeit und dokumentierte Neutralität die Voraussetzung für objektive Entscheidungen – sowohl in technischer als auch in juristischer Hinsicht. Die Erkenntnisse fließen in die Verbesserung künftiger Projektsteuerung, Qualitätssicherung und Vertragsgestaltung ein.

Beispiel für ein Gutachtenangebot

Ein typisches Angebot für ein IT-Projektgutachten kann folgende Leistungen enthalten:

  • Analyse der Projektdokumentation (Pflichtenhefte, Änderungs- und Kommunikationsprotokolle)
  • Technische Bewertung der Umsetzung und Softwarearchitektur
  • Beurteilung der Projektorganisation und Verantwortlichkeiten
  • Bericht mit Befunden, Bewertung und Handlungsempfehlungen

Der Leistungsumfang richtet sich nach Projektgröße, Komplexität und Dokumentationsstand. Nach Sichtung der Unterlagen erhalten Sie ein individuelles, unverbindliches Angebot.

Typischer Kostenrahmen:
ca. 1.500 € – 4.500 € netto
Abhängig von Projektumfang, Datenlage und gewünschter Berichtstiefe.

Hinweis: Die genannten Beträge dienen ausschließlich der Orientierung und stellen kein verbindliches Angebot dar.

IT-Sachverständiger Mathias Ellmann

Kontakt zu IT-Sachverständigen Mathias Ellmann

Benötigen Sie ein unabhängiges IT-Projektgutachten zur objektiven Bewertung technischer und organisatorischer Zusammenhänge in Ihrem Projekt?

Kontakt aufnehmen

Häufige Fragen zu IT-Projektgutachten

Was ist ein IT-Projektgutachten?

Ein IT-Projektgutachten analysiert den Verlauf, die Organisation und die technische Umsetzung eines IT-Projekts, um Ursachen für Verzögerungen, Mängel oder Konflikte objektiv zu identifizieren.

Wann ist ein IT-Projektgutachten erforderlich?

Bei Projektabbrüchen, Streitigkeiten oder Qualitätsproblemen ermöglicht das Gutachten eine fachlich fundierte Bewertung der technischen und organisatorischen Zusammenhänge.

Welche Unterlagen werden benötigt?

Benötigt werden Projektpläne, Pflichten- und Lastenhefte, Code-Stände, Kommunikations- und Änderungsprotokolle, um den Projektverlauf vollständig nachvollziehen zu können.

Ist das Gutachten rechtlich verwertbar?

Das Gutachten dient der technischen Beweissicherung und außergerichtlichen Bewertung. Es ersetzt kein gerichtliches Gutachten, kann jedoch als fachlich fundierte Entscheidungsgrundlage herangezogen werden.